Die Entstehung der Schwimmhalle Hirschfelde

Bereits 1956 ist der erste Projektvorschlag zum Bau einer Schwimmhalle in Hirschfelde erwähnt. 1960 fasste die Gemeinde Hirschfelde den Beschluss, eine überdachte Schwimmhalle zu bauen. In einer Sitzung von den 4 Hirschfelder Großbetrieben und der Bevölkerung wurde 1964 im Sportcasino über das Projekt Schwimmhalle diskutiert. Dabei betonten Anwesende, dass der Bau eines Freibades auf Grund der hohen Flugaschebelästigung im Ort nicht möglich ist. Fortan erhielt das Projekt den Namen:

„NAW Großprojekt Hallenschwimmbad Hirschfelde“





Nachdem der Industrieort Hirschfelde zu Beginn des Jahres 1964 auf Grund des hohen Verschmutzungsgrades zum Bezirksschwerpunkt erklärt wurde, rückte der Bau und die Projektierung einer Schwimmhalle immer mehr in den Vordergrund. Der Wunsch der Bevölkerung nach solch einen Bauwerk war so stark, dass sich größte Teile der Werktätigen mit ihren Betrieben zu umfangreichen NAW (1)-Leistungen bereit erklärten. Der Wunsch und die Notwendigkeit für eine Schwimmhalle bestand seit 10 Jahren. Der Neubau der Oberschule Hirschfelde Anfang der 1960-er Jahre erhielt deshalb kein eigenes Lehrbecken. Da Zittau eine kleine Schwimmhalle besaß, die den Anforderungen der Zittauer Bevölkerung nicht entsprach, war man der Überzeugung, dass Institutionen und Teile der Bevölkerung die Hirschfelder Halle in Anspruch nehmen. Zittauer Schulen war es möglich den Schwimmunterricht teilweise in dieser Halle durchzuführen. Die Offiziershochschule Zittau meldete sich als nachdrücklicher Interessent an und signalisierte Hilfe. Das Bedürfnis der Bevölkerung nach sportlicher Betätigung und Erholung war groß. Man stellte fest, so ist es im Erläuterungsbericht zu lesen, dass die Hirschfelder Bevölkerung keine Schwimmhalle mit allen „neuzeitlichen technischen Forderungen und Erkenntnissen“ braucht, sondern ein funktionstüchtiges Schwimmbecken, welches den Wünschen der Bevölkerung entsprach mit einem wirtschaftlich vertretbaren Aufwand realisierbar war. Ebenfalls im Erläuterungsbericht von 1964 ist der Nachweis für infrage kommende Einwohnerzahlen vermerkt: Hirschfelde 4500, Dittelsdorf 2500, Schlegel-Burkersdorf 2000, Drausendorf/Radgendorf 800, Wittgendorf 2200. Davon Kinder und Jugendliche Oberschule Hirschfelde 800, Lehrlinge Flachspinnerei 100 Lehrlinge und Kraftwerk 200 Lehrlinge. Gesamt also 12000 Einwohner und 1100 Kinder und Jugendliche.



Auf Grund der Verhältnisse favorisierte man ein Mehrzweckschwimmbecken mit den Funktionen Massenschwimmen, Lehrschwimmen und Sportschwimmen. Das Massenschwimmen stand im Vordergrund. Andere Nutzungen wie das Sportschwimmen erhielten Einschränkungen. In den Überlegungen verzichtete man beispielsweise auf Zuschauertribünen. Die Notwendigkeit des Baues war vorhanden. Technische Voraussetzungen prüfte man. Das Baugrundstück Bahnhofstraße 10 wurde 1964 vom Kraftwerk aus Privathand gekauft. 2200m² Bauland standen zur Verfügung. Die Nähe zum bestehenden Sportkomplex war wichtig. Hier gab es die kostengünstige Möglichkeit für den Anschluss an die Wärmeversorgung von Sportcasino und Kegelbahn, die mit Dampf vom Kraftwerk beheizt wurden. Ebenso war der Anschluss E-seitig in der Größenordnung 75 KW kein Problem, da bereits die Zuleitung für die Flutlichtanlage bestand und ausreichend war. Für die Wasserversorgung favorisierte man eine extra Leitung aus dem Gemeindebrunnen und nicht aus dem öffentlichen Netz. Abwasserentsorgung sollte in die Friedensgasse eingebunden werden. Die Höhenparameter der Schleuse ließen das zu. Schließlich war mit der Bahnhofstrasse und deren Anbindung zur Fernverkehrsstraße 99 eine gute Erreichbarkeit gegeben. Auch der Bahnhof befand sich in unmittelbarer Nähe. Es bestand bereits ein Typenprojekt für kleine Schwimmhallen vom Typ Anklam. In Stahlsklettbauweise kam es zur Überarbeitung durch den VEB Leipzigprojekt. Ein Becken von 8x 25 m war das Bauziel. Die Planung ging von einer max. Besucherkapazität von 700 Besuchern pro Tag aus. Die Schwimmhalle Hirschfelde sollte ohne Baukapazität in Feierabendarbeit gebaut werden. Das größte Projekt des Ortes innerhalb des Nationalen Aufbauwerkes (NAW) stand bevor. Am 2.Juli 1975 wurde zwischen den Rat der Gemeinde und den volkseigenen Betrieben Kraftwerk, Ferrolegierung, Fettchemie und Leinenindustrie der Vertrag zur Errichtung der Volksschwimmhalle unterzeichnet. In drei Bauabschnitten sollte gebaut werden.
  1. BA Ausbau des Schwimmbeckens und Fertigstellung der Kellerwände
  2. BA Fertigstellung der Kellergeschoßdecken sowie der Nebenräume zur Schwimmhalle
  3. BA Fertigstellung der Schwimmhalle einschließlich der technischen Anlagen
Die Betriebe übernahmen den größten Teil der Kosten, lieferten Material aus ihren Kontingenten und mit Unterstützung anderer Partner (z.B. Betonwerk). Sachleistungen wie Fahrzeuge, Baumaschinen etc. sicherte man ebenfalls zu. Nach Fertigstellung des Bauwerkes geht es in Rechtsträgerschaft der Gemeinde Hirschfelde. So ist es vertraglich festgehalten. Weiterhin wurde der Rat der Gemeinde verpflichtet, mit Beginn der Nutzungsfähigkeit die Voraussetzung für die tägliche Nutzung, einschließlich Samstag und Sonntag in der Zeit von 8.00 bis 22.00 Uhr zu schaffen.



Die Investitionsgemeinschaft der 4 Großbetriebe war Investionsträger, der Rat der Gemeinde Hirschfelde Hauptauftraggeber. Im Herbst 1976 kam ein weiter Partner hinzu. Ein Vertragsnachtrag aus diesen Jahr benennt die Betriebsberufsschule der Leinenindustrie als weiteren, neuen Partner. Eine Feierabendbrigade der Industriesportgemeinschaft Hirschfelde wurde gegründet. Es war vorgesehen, für umfangreiche Entladearbeiten von Baumaterialien, Bauhilfsleistungen sowie Erdarbeiten Bürger aus Hirschfelde und Schüler der Hirschfelder Schule zu gewinnen und zu organisieren. Endlich konnte es nach vielen Jahren Vorbereitung losgehen. 1976 war Baustart. Etwa 200 Einwohner, Handwerker und Schüler leisten 80000 Stunden Arbeit im Rahmen der volkswirtschaftlichen Masseninitiative. Hirschfelde konnte stolz sein. Ein Wert von ca. 2,5 Mio Mark wurde geschaffen. Ein Freibad war auf Grund der Umweltverschmutzung nicht möglich, dafür präsentierte der Ort nun ein Schmuckstück - Die Volksschwimmhalle Hirschfelde. Gemeinschaftliche Arbeit und viel Engagement auf allen Ebenen machte es möglich. Am 7. Oktober 1979 erfolgte die feierliche Übergabe an die Bevölkerung. Die Halle stand nun vor allen der Jugend und Familien zur Verfügung. Schüler der 2. Klassen erlernten hier das Schwimmen, regelmäßig bereiteten sich Trainingsgruppen auf ihre Wettkämpfe vor und Rentner nutzen die Halle. Rege und kontinuierlich wurde sie genutzt. Dem Bedürfnis nach sportlicher Betätigung und Erholung hatte man eindrucksvoll Rechnung getragen. Der Bau der Volksschwimmhalle war ein anschaulicher Beweis dafür, welche Werte durch Bürgerfleiß geschaffen werden können.

(1) NAW= Nationales Aufbau Werk

Quelle:
Bauaktenarchiv der Stadt Zittau
Alte Infotafel der Schwimmhalle

Arbeitskreis Geschichte Hirschfelde
Wilfried Rammelt